Friday, June 03, 2005

Wo liegt eigentlich Perg?

Weil ich schon von Anekdoten gesprochen habe, da diese für solche Seite fast wie geschaffen sind, muss ich fast im Nachhinein noch kurz über meine Begegnung mit einer Volksgruppe namens "Perger" sprechen. Es sind kleine, freundliche Menschen, die vornehmlich über Online-Markler Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen.
Sie treten vornehmlich in Paaren auf und haben die Angewohnheit alte Elektronikartikel anzuhäufen. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Die Perger sind ein sehr instinktives Volk, dass sofort merkt wenn etwas nicht stimmt. Sie gehen keinem auf den Leim. Ihre unbarmherzige Spürnase musste ich am eigenen Leib erfahren.
(Und ab jetzt ist nichts gelogen!)
Es war so, dass ich vor zwei Wochen etwa meinen alten Röhrenbilschirm via Ebay an den Mann gebracht habe. Und ein User war von Anfang an dabei und ließ sich von keinem überbieten. Er wäre vermutlich noch viel weitergegangen für mein altes Teil. Zu seinem Glück dauerte die Auktion nicht allzu lange. Schon am Tag der Versteigerung erhielt ich den Anruf eines Herrn, der mir unweigerlich zu verstehen gab, dass ich seinen Bildschirm habe, und er ihn sich gerne holen würde. Da begannen schon die Probleme. Er wusste nicht, wo Freistadt liegt. Also ich erfuhr, dass der Herr aus Perg war, fand ich das schon etwas seltsam. Zur näheren Beschreibung sollte ich ihm aufzählen, was es denn in Freistadt alle gäbe. Beim Lubinger wurden wir fündig. "Ahh, Jojo. Fräschdod, aso, jojo." Am nächsten Tag am frühen Nachmittag leutete das Telefon. "I forad hiaz daun weg ah!" Gut. Ich wartete. Zwei Stunden später - das Telefon: "I warad jetzt beim Lubinger." Er wollte ernsthaft, dass ich den Bildschirm zu ihm trage, anstatt ihn zu unserer Wohnung zu dirigieren. Gut. Er lässt sicher überreden und steht zehn Minuten später zusammen mit seiner Angetrauten vor der Tür. Mir folgend suchet er mit seinen Blicken bereits im Stiegenhaus nach bildschirmaritgen Formen. In meinem Zimmer: Euphorie. Als ob ich ihnen ihr Adoptivkind aus dem Katalog vorführen würde starrten sie auf meinen Bildschirm, auf dem ich ein paar Urlaubfotos zu sehen waren, um ihnen die einwandfreie Funktionalität des Gerätes zu demonstrieren. Als ich dann noch versuchte ihnen auch ein paar technische Details zu vermitteln, waren sie direkt enttäuscht. Sie wollten mehr spannende, stark flimmernde (das schien sie jedoch überhaupt nicht zu stören, im Gegenteil) "vom Computer" sehen. Also, in einem Anfall von Spontanität, beschloss ich nun noch ihnen ein paar "graphisch fordernde Programme" vorzustellen. So nannte ich es jedenfalls. Nun hatte ich wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Für meine Präsentation zollten sie mir auch ihren größten Respekt. Ich bekam sogar €2 Trinkgeld für meine Bemühungen. Im Übrigen waren meine graphischen Demonstrationen die Vorschaufunktion des Bildschirmschoner im Anzeigemenu.
Stutzig machten mich aber vor allem ihre Formulieren. Sie sprachen immer von Computer. "Wos hauma jetzt gsogt fürn Computer?" Ich ahnte die fatalen Folgen, die dieser Verkauf haben konnte. "Sie meinen ihren Bildschirm?" "Jo eh", und zeigte auf das Ding. Sie fühlten sich auch fast etwas verstoßen, als ich plötzlich die Aufmerksamkeit nicht mehr ihnen widmete, sondern Daten- und Stromkabel für sie aufrollte. Ich trug ihnen den PC zu ihrem Auto. "Auf den Vordersitz", so die Instruktionen. Widerwillig nahm er auch das Kabelzubehör entgegen. Was das mit den Kabeln sollte, war ihm offensichtlich nicht klar. Aber ein kleines zusätzliches Geschenk wollten sie natürlich nicht ablehnen. Nach meiner flüchtigen Verabschiedung eilte ich schnell wieder ins, drehte mich jedoch noch ein paar Mal nach ihnen um. Jetzt weiß ich warum. Ich dachte mir, dass sie schon noch wegfahren würden. Einige Minuten später, ich hatte schon wieder meinen neueren Bildschirm verkabelt: Das Telefon. Ich solle doch nochmal herunterkommen. Das Auto stand noch da. Er blickte mich bestimmt an und meinte, dass er den Computer soeben nochmals einschalten wollte, er aber keine Lebenszeichen von sich gab. Zur Verdeutlichung. Er sitzt im Auto, hinten seine Frau. Keine Strom, kein Computer in Sichtweite. Natürlich waren auch die von mir empfohlenen Kabeln nicht angesteckt worden. Er drückte den Einschaltknopf. "Do tuat si nix mehr..." Er konnte seine Verärgerung kaum verbergen. Wenn ich jetzt keine diplomatische Lösung parat gehabt hätte, ich weiß nicht, was passiert wäre. Mit Aussagen wie "Strom und Computer wären eine Idee." oder "Was tun sie eigentlich mit einem Computer?" wäre wahrscheinlich nichts besser geworden. Wenn ich nun verdeutlicht hätte, dass der Bildschirm nur Bestandteil eines (funktionierenden) Computers ist, wäre das so gewesen, als ob ich ich ihnen einen Teil eines Adoptivkindes verkaufen hätte wollen. Also sagte ich: "Ja, is eh kloa, do brauchns a Steckdosen in da Nähe", ohne nochmals auf das Kabel einzugehen. "Der geht oiso erst daham, is eh kloa. Passt, daun Pfiati und danke nu a moi."

Selbstständig zu sein muss in der Tat die nervenzerreibenste und schwierigste Aufgabe der Welt sein. Aber sie ist vermutlich auch die beste. Es bleiben viele Fragen offen. Ich will es gar nicht wissen. Was haben sie getan, als sie nach Hause kamen? Wo wohnen diese Menschen wirklich? Wo haben sie nach meinen Urlaubsfotos gesucht?
Wo liegt eigentlich Perg?

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